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Schule in Corona-Zeiten braucht die Zusammenarbeit der Gesellschaft
Den Austausch fördern und gemeinsam Wege aus einer Krise suchen, die mit der Bedrohung aller durch Corona sichtbar wurde - dies soll das Ziel der drei Schulgipfel von Corona und Schule sein. Der 1. Schulgipfel versuchte die Ist-Situation des Systems Schule in den Blick zu nehmen, zugleich aber schon die ersten Wege aus der Krise zu thematisieren und wurde live ins Internet übertragen (hier gehts zum Video). Mit diesen Ergebnissen wird in den nächsten beiden Gipfelgesprächen mit Personen aus Politik, Verwaltung, Bildungswissenschaft und Seelsorge weiter gearbeitet.

Die Dreigliederung Präsenzunterricht – Konsequenzen aus dem Lockdown zuhause - und mögliche Wege der Politik - stellten das Grundkonzept dar, durch das Joachim Schmitt, Bildungsreferent bei der KAB, als Moderator führte.

Für die Schülersprecher*innen Hannah Winter und Theo Reichold ist der jetzige Präsenzunterricht ein Gewinn: Rückfragen an den Lehrer sind wieder leichter möglich und das Treffen mit Freunden aus der Klasse ist elementar notwendig für das eigene Wohlbefinden, zumal dieses eh darunter leidet, dass außer der Schule kaum noch Aktivitäten außer Haus stattfinden können. Der Notendruck ist hoch, schon weil immer das Damoklesschwert des Wechselunterrichts, der Quarantäne oder gar eines Lockdowns droht.

Ein möglicher Wechselunterricht, den die Politiker scheuen, indem sie den dreigliedrigen Stufenplans immer wieder vor sich herschieben, wird von den Podiumsteilnehmern gar nicht so negativ gesehen: Die kleinere Klassen, in denen besser gearbeitet werden kann und der bessere Gesundheitsschutz aller Beteiligten wurde sehr positiv gesehen. Natürlich müssen aber - so Frau Monika Hartl, GEW- Vertreterin und selbst Lehrerin an einer Förderschule, die einzelnen Schularten getrennt angesehen werden: Während die höheren Klassen der weiterführenden Schulen sehr wohl einen Wechselmodus, eventuell sogar mit digitaler Zuschaltung in das Klassenzimmer, bewältigen, muss in den Förderschulen und den Grundschulen ein lehrernahes Konzept verwirklicht werden. Gerade in dieser momentanen Situation suchen die Schüler im Besonderen die Nähe. Dies schrieb eine Lehrerin im Block, aus dem Frau Steffi Thoma immer wieder referierte. Diese Kommentare konnten schon seit mehreren Wochen auf der Homepage der KAB unter www.sozialundgerecht.com rund um das Thema „Corona & Schule – Wie geht es Dir?“ abgegeben werden.

Herr Andrea Faggiano, Vertreter des Elternverbandes, konnte von der Erfahrung berichten, dass Arbeitgeber sehr wohl Verständnis aufbringen für die Probleme der Eltern und man im Gespräch auch Mittel und Wege finden kann, eine höhere Präsenz der Eltern zuhause zu ermöglichen. Klar müsse sein, dass die Eltern nicht die Rolle eines Lehrers übernehmen können. Dies Vermischung von Eltern- und Lehrerrolle hat viele Eltern im Lockdown sehr gestresst und ist letztlich für Eltern nicht leistbar, zumal auch die Ausbildung dafür nicht gegeben ist. Viele Schüler hatten im Lockdown nicht die Disziplin, aufzustehen und ihre Schularbeit zu machen. Andere wiederum, die sehr diszipliniert arbeiten können, profitierten sogar von den selbstorganisierten Lernangeboten. Generell bestand aber die Gefahr, dass manche Kinder abgehängt werden.

Frau Hartl betonte den zusätzlichen Lehrerbedarf, der durch die bisher schon knapp eingestellten Lehrer und den nun zusätzlich höheren Ausfall den Kultusministerien in der momentanen Situation auf die Füße fällt. Leider wurde auch der Sommer nicht genutzt, diese Situation maßgeblich zu verändern. Nicht jede Person kann zur Betreuung von Kindern herangezogen werden, ein sensibler Umgang muss gewährleistet sein. Herr Fabiano schlug den Einsatz von Kräften vor, die sich schon bisher im pädagogischen Bereich einbringen, wie z.B. Übungsleiter aus den Vereinen oder auch pensionierte Lehrer, die sich dies trotz Corona zutrauen. Durch eine Verstärkung des Personals wären kleinere Gruppen möglich. Dies sollte ein Gebot der Stunde sein, denn auch um die Schule macht Corona keinen Bogen. Es könne nicht angehen, dass die vereinbarten Stufenregeln von der Politik einfach wieder außer Kraft gesetzt werden, so der Elternvertreter. Darüber hinaus problematisierte er, dass es keine Planbarkeit von Seiten der Schulleitungen gäbe, da diese oft genug am Freitag neue Anweisungen bekamen, die schon für den darauffolgenden Montag gelten sollten. Die Vorgaben des RKI müssen auch in der Schule umgesetzt werden. Ein Kommentar aus dem begleitenden Chat mit rund 300 Zuschauern meinte dazu: „Die Busse sind bei uns auch ein Thema, bei uns werden Schüler aus vier Schulen mit dem Bus transportiert. Dies wirkt sich auch negativ auf das Verständnis für die Maßnahmen aus.“

Was kann also die Runde, so fragte Joachim Schmitt an, der Politik mitgeben? Frau Hartl betonte, dass die Gesellschaft gerade erkennt, wie wichtig die Schule ist. Aber ein feuchter Händedruck reicht nicht. Die Lehrer zeigen eine hohe Bereitschaft, zu arbeiten. Sie helfen vielfach mit zusätzlichem Arbeitseinsatz und gehen dabei über den eigenen Gesundheitsschutz hinweg. Leider wird das von vielen Menschen in der Bevölkerung und teils auch in der Politik nicht honoriert. Nicht ohne Grund ist gerade dies Berufsgruppe von einer hohen Burnout-Rate betroffen. Politik müsse den Lehrern, Schülern und Eltern zuhören und das umsetzen, was die Wissenschaft sagt. Auch wenn es in den letzten Monaten wechselnde Empfehlungen gab, so sollten diese eingehalten und Ausnahmesituationen vermieden werden. Es muss um die Menschen gehen, um Würde. Dies betont auch Herr Faggiano: Die humanistische Bildung ist wichtig, die Schüler brauchen Unterstützung, wo sie dieses Corona-Jahr allein lässt. Nachhilfe muss deshalb ein integrierter Bestandteil im Unterrichtsalltag der Schule werden. Insgesamt muss der Druck aus den Schulen genommen werden. Diesen starken Leistungsdruck erleben auch die Schülervertreter*innen, wenn auch die Bewältigung für die einzelnen Schüler*innen unterschiedlich gut möglich ist.

Als ergänzenden Punkt betonte Theo Reichold die Notwendigkeit einer weiteren Verbesserung der Digitalisierung, die den Schulen den Weg in die Zukunft eröffnet.

Und bei allem brauchen wir das aufeinander zugehen, das Miteinander in den Schulen, das Hören auf die Bedürfnisse in den Schulen, die Beteiligung von Schülern, Eltern und Lehrkräften in der Entscheidungsfindung vor Ort. Dies brachte die Schülersprecherin Hannah Winter am Ende noch mal mit dem Wunsch auf den Punkt, dass man immer Verständnis aufbringen solle für die andere Person in der anderen Rolle.

(I. Thiem)

 

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